Blickwechsel-Training

Psychodynamisch fundiertes, pädagogisches Einzeltraining für radikalisierte und sich radikalisierende junge Menschen (ambulant nach § 10 JGG und drittmittelfinanziert in Haft)

Blickwechsel ist ein psychodynamisch fundiertes, pädagogisches Einzeltrainingsprogramm. Es unterstützt junge Menschen individuell bei der Entwicklung einer stabilen Identität, die z. B. erforderlich ist, um sich von radikalen Gruppen fernzuhalten oder zu lösen. 

 

Blickwechsel ist konzipiert für junge Menschen ab 13 Jahren, die in der Frage wer sie sind und wer sie sein wollen verunsichert sind. Manchmal zeigt sich eine solche Verunsicherung durch demokratiefeindliche oder antipluralistische Tendenzen. Nur wer in seinem Persönlichkeitsentwurf gefestigt ist, kann einfachen Gut-Böse, „Die-Da-Oben“-„Wir-Hier-Unten“- oder Richtig-Falsch-Dichotomien widerstehen und sich gut in einer immer komplexer werdenden Welt zurechtfinden. 

 

Um die individuellen Bedarfe zu erfassen, setzen wir die pädagogische Interaktionsdiagnostik ein (siehe z. B. Friedmann & Plha 2017, Streeck 2015). Die pädagogische Interaktions-diagnostik ist eine recht neue Methode zur prozessualen Einschätzung psychosozialer Kompetenzen der Klient(inn)en. Sie wurde in einem Forschungsprojekt der Denkzeit-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. U. Streeck entwickelt (finanziert von der Heigl-Stiftung) und basiert auf der psychoanalytisch-interaktionellen Therapie (siehe z. B. Streeck-Fischer & Streeck 2010).

 

Hier mehr finden Sie mehr zu den Wirksamkeitsanalysen der Methode.


Ziel des Trainingsprogramms ist die Fortentwicklung wichtiger Funktionen der Selbst –und Beziehungsregulierung (z. B. Stabilisierung von Selbstwert, Förderung der Mentalisierungsfähigkeit, Entwicklung neuer Wege zur Affektregulation, Weiterentwicklung von Gewissensinstanzen, Förderung von Antizipation). So kann zur psychischen Stabilisierung des jungen Menschen in der Adoleszenz beigetragen werden.  

 

Das Training basiert auf der (vielfach belegten) Annahme, dass sich viele junge Menschen aus inneren Gründen radikalen oder gar extremistischen Gruppen anschließen. Die jeweilige Gruppe muss damit zwar zum biographischen Hintergrund passen, ist sonst aber oft eher zufällig ausgewählt. Deshalb arbeiten wir ideologieunspezifisch und phänomenübergreifend. Idealerweise finden die Klient(inn)en den Weg schon in der Phase der Hinwendung ins Training.

 

Im Gegensatz zu anderen Programmen im Bereich Radikalisierungsprävention, fokussiert Blickwechsel nicht die Ideologie, Religion, Weltanschauung etc., sondern setzt explizit auf entwicklungsförderliche Strategien zur innerpsychischen und interpersonellen Stabilisierung.

 

Indiziert könnte ein Blickwechsel-Training u. a. sein, wenn

  • der junge Mensch auf der Suche nach Anerkennung, Bestätigung und Übereinstimmung mit einer (radikalen) Gruppe ist
  • der Anschluss an diese Gruppen, die Sinn, Klarheit und Geborgenheit versprechen, entlastend auf ihn/sie wirkt
  • er/sie regelhaft stark vereinfachende, dichotome Erklärungsmuster (gut/böse, richtig/falsch, die/wir etc.) verwendet
  • Schuldzuweisungen meist an abstrakte Feindbilder („Ausländer“, „Juden“, „Ungläubige“ etc.) adressiert sind
  • Straftaten aufgrund von Hass oder Rache (Antisemitismus, Homophobie, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus) begangen wurden
  • Gewalttaten gegen Gruppenmitglieder der Feindbilder ideologisch legitimiert werden

 

Ablauf des Trainings

Das Training kann über eine richterliche Zuweisung (§10 JGG) zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens zugewiesen werden. In Haft wird das Training drittmittelfinanziert angeboten.

 

Im Rahmen von 40 Sitzungen à 45 Minuten arbeiten die Klient(inn)en zusammen mit speziell geschulten Trainer:innen (unabhängig von Überzeugungen, Ideologie oder Religion) vorgegebene Übungen durch, die individuell auf den/die Klient:in angepasst sind und seine/ihre speziellen Bedürfnisse aufgreifen. Meist verbessert sich die soziale Lebenssituation des/der Klient:in schon nach einigen Sitzungen. 

 

Der Klient/die Klientin wird im Falle einer Zuweisung zunächst zu einem Erstgespräch eingeladen - hier kann er/sie sich entscheiden, ob er/sie sich eine Teilnahme vorstellen kann.

 

Infoblatt Blickwechsel-Training

Sie kennen jemanden, der möglicherweise für ein Blickwechsel-Training in Frage kommen könnte, sind sich aber unsicher? Dieses Informationsblatt hilft Ihnen bei der ersten Einschätzung!

 

Infoblatt Blickwechsel Training.pdf
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